Oberbürgermeister Landeshauptstadt Potsdam

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler a.D. Dr. Schüssel,
sehr geehrter Lord Weidenfeld,
sehr geehrte Sihem Bensedrine,
sehr geehrter Michael Anti,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam begrüße ich Sie ganz herzlich zur Verleihung des M100 Medien Preises hier im Raffaelsaal des Orangerieschlosses von Sanssouci.

Ich glaube, ich muss über diese Veranstaltung – das internationale Medientreffen M100 – nicht mehr allzu viel sagen. Den meisten von Ihnen ist diese Konferenz mittlerweile bekannt als ein Ort, an dem sich jedes Jahr führende Medien- und Meinungsmacher treffen, um sich intensiv über ausgewählte Themen auszutauschen, um Fragen zu stellen, Probleme zu diskutieren und sich miteinander zu vernetzen. Sie ist in der Tat eine feste Größe geworden, eine anerkannte Marke, auch international.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
von Anbeginn dabei ist Lord Weidenfeld, der im Beirat des Colloquiums mit all seiner Erfahrung, seinem weltgewandten Weitblick und seiner Weisheit ein herausragender Ratgeber ist. Ohne ihn - das darf ich sagen, ohne den Verdienst der anderen Beiratsmitglieder zu schmälern -, wäre diese Veranstaltung nicht geworden, was sie ist, vielleicht hätte sie sogar nie das Licht dieser Welt erblickt. Dafür, lieber George, gebührt Ihnen heute Abend der Dank von uns allen.

 

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei unseren diesjährigen Unterstützern bedanken: beim Medienboard Berlin-Brandenburg, beim Auswärtigen Amt, bei der Bertelsmann AG, bei der Zeit-Stiftung, bei Google, Air Berlin, Audi und Plista sowie bei unseren Kooperationspartnern Freedom House, Radio Free Europe, Reporter ohne Grenzen, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und dem Land Brandenburg.

Auch wenn der M100 Medienpreis undotiert ist, mindert das nicht seinen Wert. Mit diesem symbolischen Preis möchten wir Persönlichkeiten ehren, die durch ihr Schaffen in der Welt „Fußspuren“ hinterlassen haben und sich um den Schutz der freien Meinungsäußerung und der Verteidigung der Demokratie verdient gemacht haben.

 

Es sind demokratische Grundwerte, für die seit Monaten in Nordafrika und im Nahen Osten Menschen auf die Straßen gehen und demonstrieren. Viele junge Menschen riskieren ihr Leben, weil sie frei sein wollen, weil sie ihre Meinung sagen wollen, weil sie nicht mehr kontrolliert und gegängelt werden wollen. Weil sie nach Jahrzehnten der Unterdrückung durch machtgierige Despoten genug von Armut und Hilflosigkeit haben, während sich die Herrschaft die Taschen vollstopft. Wie wir wissen, liegt der Anfang dieser Revolution – des „Arabischen Frühlings“, wie sie in Anlehnung an den Prager Frühling 1968 auch bezeichnet wird –  in Tunesien. Dort kam es im Dezember letzten Jahres zu den ersten Aufständen. Ziel in Tunesien, Ägypten und nun auch Libyen ist es, demokratische Reformen einzuleiten.

Es sind erste wichtige Schritte auf dem Weg zu Freiheit und der Durchsetzung von Menschenrechten. Ich schaue mit Bewunderung auf jene Länder, die sich jetzt diese Freiheit erkämpft haben.

 

Das gibt uns in der sogenannten westlichen Welt nach den schrecklichen Terrorangriffen auf die USA vor zehn Jahren wieder einen neuen, veränderten Blick auf die arabische Welt. Am 11. September, also am Sonntag, jährt sich der Jahrestag der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington mit über 3000 Toten. Dieser 11. September 2001 war ein schwerer Einschnitt. Noch immer gibt es Terror, Krieg, Armut und Unterdrückung, aber es gibt nun auch wieder Hoffnung. Denn es ist eine junge Generation aufgestanden, die, gut vernetzt und per Internet bestens informiert, ihre Despoten stürzt und für Veränderungen kämpft, wie es noch vor wenigen Jahren unvorstellbar war. Einige dieser Kämpfer, dieser mutigen Veränderer und Modernisierer sind hier, und wir sind stolz und dankbar, dass sie den Weg nach Potsdam gefunden haben.

Die Konferenzteilnehmer haben den Anteil und die Bedeutung der sozialen Netzwerke und der traditionellen Medien an den Revolten analysiert und die Rolle der unterschiedlichen Medien in diesem Prozess diskutiert. Wie dank ihnen soziale Bewegungen unterstützt und befeuert werden können, wie sie, die sozialen Medien, aber auch ebenso gut von despotischen Regimen benutzt und überwacht werden, um Demonstranten und Oppositionelle zu identifizieren und letztendlich mundtot zu machen. Doch egal, welche Bedeutung Facebook, Twitter & Co. am Arabischen Frühling haben mögen - im Mittelpunkt steht doch immer der Mensch, der die Technik mit Inhalt füllt und sie zu etwas Gutem oder Bösem macht. Der Mensch, der mit Mut und Leidenschaft für die individuelle und gesellschaftliche Freiheit kämpft. Ich bin überzeugt, dass diese Bewegung auch nicht Halt machen wird in den Staaten, die sich demokratischen Reformen noch verwehren. Auch dort werden die Menschen aufstehen und für ihre freiheitlichen Rechte eintreten und am Ende erfolgreich sein!

Ich fühle mich dabei an ein Zitat von Willy Brandt erinnert. Er schrieb in seinen Memoiren, ich zitiere: „Wo die Zivilcourage keine Heimstatt hat, reicht die Freiheit nicht weit. Und wo die Freiheit nicht beizeiten verteidigt wird, ist sie nur um den Preis schrecklich großer Opfer zurückzugewinnen.“

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
lassen Sie uns nun eine Frau begrüßen, die ein Vorbild für den Einsatz für Freiheit und Menschenrechten ist. Denn sie ist nicht nur ein Teil dieser Revolution, sondern kämpft seit mehr als 20 Jahren für Presse- und Meinungsfreiheit in ihrem Heimatland Tunesien. Sie ist eine der bekanntesten Journalistinnen und Oppositionellen Tunesiens, unerschrocken und mutig. Schon 1998 gründete sie unter hohem Risiko den Nationalen Rat für Freiheit in Tunesien sowie, unter vielem anderen, „Kalima“, einen unabhängigen Radiosender samt Website. Sie wurde verfolgt, misshandelt, inhaftiert, durfte ihre Kinder nicht sehen und ging schließlich ins Exil. Erst nach dem Rücktritt Ben Alis konnte sie in ihre Heimat zurückkehren, wo sie als Leiterin des Arabischen Arbeitskreises zur Beobachtung der Pressefreiheit weiter für demokratische Werte einsetzt.

Wir sind geehrt, Sie heute Abend hier begrüßen zu dürfen. Ich heiße Sie herzlich Willkommen und bitte Sie aufs Podium: Sihem Bensedrine.

 

Jann-Jakobs