ARE THE MEDIA DESTROYING EUROPE?

5. September 2013, Potsdam

Livestream von 15.00 bis 17.00 Uhr hier auf www.m100potsdam.de und auf www.welt.de


Angela Merkel in Hitleruniform, Wolfgang Schäuble als Gollum, die Aphrodite mit Stinkefinger, die Griechen als Betrüger, die Italiener als Faulpelze –  verfolgt man die Medien der letzten zwei, drei Jahre, ist von europäischer Einigkeit und guter Nachbarschaft wenig zu spüren. Da ist von „Faschismus“ die Rede, von der „Unterwerfung fremder Völker“ und sogar von „Krieg“.

„Are the Media destroying Europe?” („Zerstören die Medien Europa?“) lautet folgerichtig das Thema des diesjährigen M100 Sanssouci Colloquiums, das am 5. September 2013 mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im historischen Raffaelsaal in Potsdam stattfindet. In einer intensiven, kontroversen Debatte gehen sechs Top-Journalisten aus verschiedenen europäischen Ländern der Frage nach, welchen Einfluss die Medien auf den europäischen Integrationsprozess und die nachbarschaftlichen Verhältnisse haben, wer warum welche Position einnimmt und welche Rolle die Art der politischen Kommunikation in diesem Zusammenhang spielt.

Moderiert wird die Debatte von dem bekannten britischen Moderator Tim Sebastian, Erfinder der legendären BBC-Interviewreihe „Hardtalk“ und Moderator der „New Arab Debates“ bei Deutsche Welle TV.
Die Diskussion und die anschließende Preisverleihung werden live gestreamt.

Obwohl das Konstrukt Europa von den politischen Institutionen in Brüssel und Straßburg gebaut wurde, „sind die Medien dafür zuständig, Europa zu kreieren und zu definieren und es in unseren Köpfen, Herzen und Seelen zu verankern.“ (Stephan Russ-Mohl, 2003). Dennoch gibt es bis heute – trotz einiger qualitativ hochwertiger Versuche und Beispiele wie Eurozine, Eurotopic, European Voice, Euronews oder joint ventures wie Le Monde diplomatique oder die wöchentliche, englischsprachige Beilage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der International Herald Tribune, die jedoch in erster Linie ein gebildetes, kosmopolitisches Publikum erreichen  – kein Europa-weites Massenmedium, das die europäische Bevölkerung zu selben Zeit über dasselbe Thema informiert.

Auch die bekannten (Massen-)Medien würden in der Aufgabe, zu informieren und die Debatte über Europa anzuleiten,  weitestgehend versagen. Das ist deshalb fatal, weil es, wie u.a. der Guardian schreibt, viele Politiker aller Parteien einfacher fänden, „die Ansichten einiger weniger konservativer Zeitungen nachzuplappern oder abgeschwächt wiederzugeben. Die Besitzer dieser Zeitungen zahlen zum Großteil hierzulande keine Steuern und verstehen „Europa“ als Synonym für Vorschriften, die ihre Interessen als Eigentümer und Wohlhabende bedrohen. Viele Bürger sind instinktiv vorsichtiger und pragmatischer, nicht zuletzt weil sie der Presse nicht trauen, doch sie bekommen von den Politikern nur wenige Anhaltspunkte.“ (“Europe’s lost voices”, 10. Januar 2013).

Die Berichterstattung über europäische Belange macht, frei nach dem Motto „act global, talk local“, noch immer an den Grenzen der eigenen nationalen Interessen Halt. Gleichzeitig bauen Großverlage wie Axel Springer, Bertelsmann, Bauer, die WAZ-Gruppe, Lagardère Media, News Corp oder Mediaset europäische Medienimperien auf.

Von einem geeinten Europa könne schon lange nicht mehr die Rede sein, heißt es in Kolumnen, Essays und Berichten, der europäische Traum sei längst kollabiert, die Politik habe versagt. Die Debatte „Zerstören die Medien Europa?“ will klären, welchen Anteil die Medien an dieser Situation und der aktuellen aggressiven Stimmung zwischen einzelnen Ländern haben. Sind sie nur Beobachter und Berichterstatter von Entwicklungen, oder beeinflussen sie sie auch? Wie unterschiedlich berichten Medien aus verschiedenen Ländern über ein- und desselben Fakt? Welche Gründe und Folgen haben diese unterschiedlichen Darstellungsweisen? Ist die Herstellung einer homogenen europäischen Öffentlichkeit überhaupt möglich, oder ist ein medial vereintes Europa eine Chimäre? Wie kann und kann überhaupt angesichts einer fehlenden gemeinsamen Sprache in Europa ein Europäischer Kommunikationsraum entstehen? Wie können und sollen Medien als „vierte Gewalt“ in Europa ihre Kontroll- und Kommunikationsfunktion im Rahmen politischer Entscheidungsabläufe erfüllen?

Und: Wirkt sich der europäische Integrationsprozess auch auf die Pressefreiheit aus? Laut der im Januar 2013 veröffentlichten Studie der „High Level Group on Media Freedom and Pluralism” ist eine freie und pluralistische Medienlandschaft äußerst wichtig für die Demokratie Europas. Die ist aus verschiedenen Gründen in vielen Ländern nicht immer gewährleistet, sei es durch politische Einflüsse, wirtschaftlichen Druck, die sich verändernde Medienlandschaft mit neuen Geschäftsmodellen, Konkurrenz durch die Neuen Medien und soziale Netzwerke und vieles mehr. Auch wenn die Hauptverantwortung für Pressefreiheit und Pluralismus in den jeweiligen Mitgliedsstaaten liege, so der Report, spielt die Europäische Union in dieser Frage jedoch ebenfalls eine wichtige Rolle, um die Grundrechte von EU-Bürgern aufrechtzuerhalten.

All das soll in die Debatte einfließen, die mit Recherchen und Fakten, die von den Teilnehmern des diesjährigen Nachwuchsjournalisten-Workshops M100 Young European Journalists erarbeitet werden, untermauert werden. In einem viertägigen, direkt vor dem Colloquium stattfindenden Workshop bereiten sie sich unter Anleitung des mehrfach ausgezeichneten Journalisten, Filmemachers und Coaches Christian Stahl sowie in Kooperation mit der Axel Springer Akademie intensiv auf das Thema vor, recherchieren Fakten, produzieren Videos, Texte und Blogs. Am Tag der Debatte werden sie aktiv an der Diskussion teilnehmen. Die Konferenzsprache ist Englisch.

M100 ist eine Initiative der Stadt Potsdam und des Vereins Potsdam Media International e.V. und findet im Rahmen der Medienwoche@IFA statt.
M100 wird 2013 gefördert vom Medienboard Berlin-Brandenburg, dem Auswärtigen Amt, der Bundeszentrale für politische Bildung und der ZEIT-Stiftung.
Kooperationspartner sind die Axel Springer Akademie, Deutsche Welle TV, European Council on Foreign Relations, European Youth Press, Human Rights Watch, Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, Intajour – International Academy of Journalism, Land Brandenburg, Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und Reporter ohne Grenzen.
Medienpartner: Die Welt.

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Das M100 Sanssouci Colloquium findet statt im Rahmen
der Medienwoche@IFA 2013

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