Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, Sie heute hier im prachtvollen Raffaelsaal beim M100 Sanssouci Colloquium begrüßen zu dürfen. Zu Beginn meiner Rede würde ich mich gerne vorstellen. Ich heiße Ekaterina Kuznetsova. Ich komme aus Russland, und ich bin Europäerin. Sie mögen sich alle wundern, warum ich so etwas Offensichtliches noch unterstreiche. Ich möchte Ihnen das erklären.

Ich habe gerade mein Journalismus-Studium in Großbritannien beendet, ich habe über fünf Jahre im Ausland gelebt und studiert. Ich habe viele europäische Freunde, und die europäische Kultur ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich würde gern Europa mein Zuhause nennen können. Aber kann ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren, etwas fragen: Braucht man ein Visum, um nach Hause zu fahren?

In dieser Woche habe ich erfahren, dass ich nicht die einzige bin. Das Zusammentreffen mit Teilnehmern aus 20 Ländern hat mir gezeigt, dass nicht nur ich nicht europäisch fühle. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben. Ist Ecem aus der Türkei Europäerin? Natürlich ist sie das. Oder Yll aus dem Kosovo? Oder Meerim aus Kirgistan? Die Antwort lautet – jeder von ihnen ist definitiv Europäer/in. Das ist ein Fakt. Aber fühlen sie sich auch immer europäisch? Fühlen sie, dass sie zu Europa gehören?

Aus diesem Grund spielen Veranstaltungen wie M100 eine wichtige Rolle. Zusammen können wir versuchen, eine Veränderung zu bewirken, und das Schlüsselwort ist „versuchen“. Ich arbeite für den langjährigen Partner des M100 Sanssouci Colloquiums – die European Youth Press. Wir arbeiten intensiv an verschiedenen Projekten und Initiativen für junge Journalisten. Ich kann sehen, wie viele junge, talentierte und aufgeweckten Menschen wir hier in ganz Europa haben. Dieses Jahr organisieren wir eine Konferenz, die „European Youth Media Days“, und wir erhielten über 350 Bewerbungen. Das zeigt uns, dass viele junge Leute Möglichkeiten finden wollen und sich um Europa und seine Zukunft Gedanken machen.

Wir alle kennen das Thema der heutigen Veranstaltung „Are the Media destroying Europe?“, aber entschuldigen Sie mich, wenn ich den Titel anders formuliere, sehr geehrte Damen und Herren. Vielleicht zerstört Europa die Medien? Was macht Europa mit uns, den Journalisten? Tausende von ihnen werden jeden Tag ermordet. Ich möchte nicht für eine Seite Partei ergreifen, aber solche Veranstaltungen wie M100 lassen uns solche Vorkommnisse in unser Bewusstsein rücken. Sie bringen uns zum Reflektieren, zum  kritischen Denken – und wie heute bereits über Delokalisierung gesprochen wurde – und wir bringen diese Erfahrungen mit nach Hause. Ich fühlte mich bereits irgendwie mit allen verbunden, als unser lieber Gast Erdem, der „Standing Man“, der hier heute anwesend ist, zu unserem Workshop kam und uns mit unserem Video geholfen hat. Allein durch das Zusammenstehen mit ihm fühlten wir uns miteinander verbunden.  Dass wir einen Unterschied bewirken können.

Ich stehe heute in diesem prachtvollen Gebäude, und es ist ironisch, wie die Zukunft ihre Vergangenheit wiederholt. Bereits im Jahre 1740, vor fast 300 Jahren, hat der preußische König Friedrich II. der Große in diesen Hallen gesagt: „Wenn Türken kommen und unser Land bevölkern wollen, so wollen wir ihnen Moscheen bauen.“, Schon damals wussten sie, dass es wichtig ist, dass sich Menschen zu Hause fühlen; es ging nicht um Nationen, es ging um die Menschen. Sie konnten ihnen vermitteln, willkommen zu sein. Wir können das auch. Und wir sorgen dafür.

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