Von Natalie Sedletzka

Wir sind froh darüber, dass wir nicht allein in unserem Kampf für eine bessere Zukunft sind. Ich danke Ihnen allen für die Unterstützung eines unabhängigen Journalismus und der ukrainischen Zivilgesellschaft, die hofft, nach europäischen Werten leben zu dürfen.

Ukrainische Journalisten machen traurige Scherze, wenn sie sagen, dass sie dem ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch dankbar sein müssten. Sie haben gelernt, sich während seiner Herrschaft für ein gemeinsames Ziel einzusetzen. Unter Janukowitsch wurde das Land vollständig von Zensur beherrscht. Die Journalisten vereinigten sich in der „Stoppt- Zensur“ Bewegung. Jedes Jahr am Tag der Pressefreiheit kamen die Mitglieder der Bewegung an den Rand seiner Residenz „Meschyhirja”, wo wir von einsatzbereiten Polizisten und hohen Zäunen begrüßt wurden. Wir konnten nur ahnen, was sich drinnen verbarg.

Damals haben investigative Journalisten herausgefunden, dass sein Grundstück von der Größe Monacos illegal dem Staat entwendet wurde. Nur sehr korrupte Herrscher können es sich erlauben, so eine Art von Palast zu bauen. Wir haben dagegen protestiert und unabhängige Untersuchungen angestrebt, wo es nur möglich war und die Entdeckungen veröffentlicht, damit die ukrainischen Bürger sehen konnten, wie kriminell dieses Regime ist, das unser geliebtes Land führt. Aber es gab nur noch wenige Inseln der Meinungs- und Pressefreiheit in der Ukraine.Meist konnten wir nur im Internet oder auf kleinen, verfolgten Kabelkanälen die Wahrheit sprechen. Doch die Ukrainer wollten die Wahrheit wissen!

Die Proteste im Land begannen aufgrund der Weigerung Janukowitsch’, das Land an Europa heranzuführen. Die Proteste wurden zu einer Revolution, weil die Bürger von den staatlichen Eskapaden wussten und einen Wechsel wollten. Ironischerweise passieren Revolutionen in der Ukraine immer im Winter, so harrten wir drei lange kalte Monate auf der Straße aus, Seite an Seite mit unseren Landsleuten.

Es ist schwer in Worte zu fasse, welche Emotionen wir gefühlt haben, als Janukowitsch flüchtete und wir Zugang zu seinen Palast Meschyhirja bekamen. Eltern kamen mit ihren Kindern, um es ihnen zu zeigen. Als einige Aktivisten und Taucher Akten und Dokumente in dem See hinter seiner ehemaligen Residenz fanden, bedurfte es keiner Worte, damit investigative Journalisten verschiedener Publikationen ihren Job machten. Jahre vorher konnten wir nur kleine Informationshäppchen fischen, jetzt auf einmal war alles da. Es war ein wahrer Schatz für die investigativen Journalisten: Firmennamen, Schecks, Zahlungsanweisungen, zahleiche bestätigte Bestechungsgelder. Und all das war sehr, sehr nass!

Unsere absolute Priorität wurde es nun, diese Dokumente zu retten. Sieben Tage und sieben Nächte hielten wir, eine Gruppe von zwölf Ermittlern und vielen Freiwilligen, uns in der Meschyhirja auf, fast ohne zu schlafen. Alles, was wir machten, war, die Dokumente zu trocknen und zu scannen und zu trocknen und zu scannen. Das Ergebnis unserer Arbeit wurde, wie wir alle wissen, von den Massenmedien der Welt verbreitet, so wusste wirklich jeder, wie korrupt Janukowitsch ist. Wir haben eine Webseite ins Leben gerufen, auf der wir alle wiederhergestellten Informationen und mehr als 20 weitere investigative Artikel veröffentlich haben. Aber am wichtigsten ist diese Botschaft für jeden unehrlichen Politiker: es ist unbedeutend, wie hoch dein Zaun ist, früher oder später kommen die Geheimnisse doch ans Licht.

Es wäre wunderbar, wenn wir weiterhin Korruption in unserem Land bekämpfen und eine starke junge, europäische Nation aufbauen könnten. Stattdessen sind wir in einen Krieg verwickelt, in dem jeden Tag jemand in der Ostukraine stirbt.

Wir sind sehr dankbar für all die Unterstützung und das Verständnis für unseren Freiheitskampf. Vielen Dank!

Natalie Sedletska ist investigative Journalistin und Autorin und Mitglied im Team von YanukovchLeaks.

YanukovychLeaks