Democracy as the foundation of the State: The key to world order? (Demokratie als Basis des Staates: Der Schlüssel zur Weltordnung?)

Moderiert von Christopher Walker, Geschäftsführender Direktor des International Forum for Democratic Studies - National Endowment for Democracy in Washington, versuchte in der zweiten Session Antworten auf die Herausforderungen zu finden, die Demokratien heutzutage bewältigen müssen.

In ihrer Eröffnungsrede fragte Dr. Ulrike Guérot, was Demokratie heute bedeute: „Die Legitimität der national-liberalen Demokratien in europäischer Manier ist in aller Munde", erklärte sie. „Das sogenannte Regierungssystem der EU oder präziser gesagt, des Euros, stürzt gerade sprichwörtlich wie ein Kartenhaus zusammen. Konzepte wie liberal, demokratisch, autoritär und Legitimität seien relativ geworden und demnach undefiniert, die Konturen seien abgerundet und verschwommen.” Guérot benannte thematische. So fragte sie, ob Putin legitim sei, obwohl der Westen ihn als autoritär betrachtet. Umgekehrt wollte sie wissen, ob Viktor Orbán demokratisch sei, nur weil er von einer Mehrheit gewählt worden ist. „Warum wird sein tatsächliches und merklich autoritäres Regime heute als demokratisch bezeichnet, so dass nicht mal die EU sich offiziell widersetzt oder etwas dagegen unternimmt?” Diese Fragen waren für Guérot Beweis, dass Demokratie zu reiner Formsache verkommen sei. Die momentane Krise der europäischen Demokratie sei daher ein Versagen der politischen Systeme und ihrer Elite, schlussfolgerte Guérot. „Was wir gegenwärtig in Europa erleben – von Mazedonien bis Bulgarien, von Griechenland über Spanien bis hin nach Frankreich – ist die soziale Emanzipation von politischen Institutionen, die unabhängig geworden sind.” Guérot sieht eine potentielle Gefahr darin, dass Populisten aus dieser Sehnsucht nach Unabhängigkeit Kapital schlugen, wenn die europäische Demokratie und ihre Institutionen weiter schliefen oder nicht adäquat auf diese Unabhängigkeitsbewegung reagierten und ihr keine effektive Kraft entgegensetzten.

Die kritische Eröffnungsrede  löste eine lebendige Debatte unter den Teilnehmern aus. Ergänzend zu Ulrike Guérots Input sagte Christopher Walker, dass europäische Institutionen unter Abnutzungserscheinungen leiden. Raphaël Glucksmann, französischer Schriftsteller und politischer Aktivist, glaubt, dass „wir darin versagt haben, unserem europäischen Projekt eine demokratische Bedeutung zuzuweisen, weil eine politische Elite dem Volk ihre Meinung aufzwingt.”
Anne McElvoy, Leitende Redakteurin beim Economist in London, bemerkte, dass die rechts und links außen agierenden Bewegungen wie Podemos und Syriza sowie auch Marine le Pen in Frankreich die Bedeutung der Demokratie angreifen. Hella Pick hinterfragte die ungarische Rolle innerhalb der EU, seit in Ungarn eine Regierung an der Macht ist, die die Werte und politische Linie der EU aushöhlt und ablehnt. Sie stellte sogar den Verbleib Ungarns in einer demokratischen EU in Frage. Tamás Bodoky nahm in seiner Antwort, die EU finanziert durch ihre Subventionen indirekt den illegalen ungarischen Grenzzaun, darauf Bezug. Anna Diamantopoulou fragte, ob Populismus überhaupt in der EU akzeptiert werden könne. Anna Honcharyk, International Outreach Coordinator des Ukraine Crisis Media Center in Kiew bemerkte, dass sich die russische Identität ohne die Ukraine in Auflösung befindet. Sie glaubt, dass Russland sich durch die Ablehnung des Westens eine neue Identität erfinde. Christopher Walker wies auf eine der letzten fundamentalen Wertefragen hin, die die transatlantische Gemeinschaft besonders herausfordert: wie kann man Länder weiter unterstützen, deren Bevölkerung ein System mit mehr Verantwortung und weniger Korruption will mit besserer Bildung und Gesundheit für die Bevölkerung. Als Beispiele nannte er Moldawien oder die Ukraine. „Wenn wir keine Langzeitstrategien entwickeln, um diesen Gesellschaften zu helfen, wird das mehr Instabilität in diesen Ländern und mehr Krisen im transatlantischen Bündnis zur Folge haben.”  Ulrike Guérot zitierte aus einem Essay von Peter Sloterdijk aus dem Jahr 1994, Europa müsse sich von den USA und Russland emanzipieren. „Wenn 'das System' blind gegenüber der Bedrohung des Populismus ist und nicht analysiert wird, warum die europäischen Bürger der EU den Rücken kehren, dann hat das System schon verloren.”

  • _01_IMG_79.jpg
  • _02_IMG_98.jpg
  • _03_IMG_100.jpg
  • _04_IMG_173.jpg
  • _05_IMG_87.jpg
  • _06_IMG_172.jpg
  • _07_IMG_67.jpg
  • _08_IMG_226.jpg
  • _09_IMG_268.jpg
  • _10_IMG_Biard_Guldager.jpg
  • _11__AT_9446.jpg
  • _12_IMG_292.jpg
  • _13__AT_9660.jpg