The impact of news management on public opinion about world affairs: role and responsibilities of the media (Der  Einfluss des News Managements auf die öffentliche Meinung über das Weltgeschehen:  Rolle und Verantwortung der Medien)

Erneut moderiert von Ali Aslan, wurde die letzte Session von Nenad Pejic, Chefredakteur von Radio Free Europe in Prag eröffnet. Er fragte, wie Journalisten die Rolle der Medien im Demokratisierungsprozess unterstützen können und gab gleich selbst die Antwort: „Indem wir aufhören zu tun, was wir gerade tun und anfangen das zu tun, was wir bisher nicht getan haben!” Er wies darauf hin, dass „Gehorsamkeit nicht Patriotismus bedeutet  und Patriotismus nicht Gehrosam meint.” Er mahnte Journalisten, die wahren Gründe für Konflikte zu benennen und warnte,  dass kulturell blinde Journalisten eine Gefahr für die Gesellschaft seien. „Die Russen haben nicht die Ukrainer angegriffen, Russland hat die Ukraine angegriffen!” Pejic nahm die Medien in Hinblick auf ihre Verantwortung bei der Verkündung von Fakten, der Wahrheit und im Kampf gegen Propaganda in die Pflicht. Er schloss, dass Journalisten reaktionsfähiger und verantwortlicher sein.  
Folglich war das fehlende Vertrauen in den Journalismus weltweit das nächste Thema auf der Agenda und wurde mit Beispielen aus Deutschland, Griechenland und Brasilien belegt.
Christoph Lanz, deutscher Journalist und Medienberater, beschreibt einen Verlust von Glaubwürdigkeit und Vertrauen in Journalisten in Deutschland. Seiner Meinung nach erleiden soziale Medien ebenfalls einen Glaubwürdigkeitsverlust. Viele Medienhäuser hätten zudem während der Medienkrise auf einen meinungsmachenden Journalismus gesetzt: „Wir müssen überdenken, ob es richtig ist, in der Berichterstattung mehr auf Meinungen als auf Nachrichten zu setzen.”  
Götz Hamann, stellvertetender Leiter des Wirtschaftsressorts der ZEIT, sagte, dass Journalisten und Medien im Zeitalter der sozialen Medien eine neue Rolle einnehmen müssen, indem sie den öffentlichen Diskurs stabilisieren. Das sei jedoch nicht möglich, wenn sie zu emotional über die Themen des Tages berichten.
Mathias Müller von Blumencron, Chefredakteur Digitale Medien bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ist der Auffassung, wenn eine Gesellschaft polarisierter wird, müssen Journalisten mit mehr Kritik rechnen und unterscheiden, welche Kritik ernstzunehmen ist. In den sozialen Medien und im Online-Journalismus erreicht Kritik die Journalisten direkt, deshalb müsse Journalismus transparenter sein und auch Fehler zugeben können. Der Druck auf Journalisten sei nichts Neues, dennoch müssen sie lernen, in einer neuen Art und Weise damit umzugehen.

Während deutschen Medien aus einer komfortablen Position heraus berichten, sind Berichterstattungen aus Krisengebieten wesentlich schwieriger. Zu diesem Thema berichtete Natalie Sedletzka, investigative Journalistin und Moderatorin bei Radio Free Europe in Kiew und einer der Köpfe hinter YanukovychLeaks, das letztes Jahr mit dem M100 Special Award ausgezeichnet wurde, das Vertrauen in ukrainischen Journalismus sei problematisch, denn ukrainische Medieni, besonders TV-Sender, gehören Politikern und Oligarchen, die einen wahrheitsgetreuen Journalismus unmöglich machen würden. Die Bürger vertrauen eher den unabhängigen Medien, die auf Stiftungen, NGOs oder westliche Länder angewiesen sind. „Die öffentliche Meinung in der Ukraine stempelt investigativen Journalismus, der Korruption innerhalb von Regierungskreisen aufdeckt, als unpatriotisch ab –  in Kriegszeiten sollte man nicht seine Regierung kritisieren.” so beschrieb sie die Kritik an ihrer Arbeit als investigative Journalistin.
Christian Mihr, Geschäftsführender Direktor von Reporter ohne Grenzen, beobachtet mit Blick auf die Pressefreiheit ein neues Muster. Global gesehen sind die Unterdrücker nicht länger (nur) Staaten, sondern zunehmend private Akteure wie die Terrormilizen IS, die somalische al-Shabaab Miliz und andere terroristische Organisationen. Man müsse noch herausfinden, wie man mit ihnen am besten umgehe, da Pressefreiheit bisher eine Vereinbarung zwischen Staaten sei. Mihr sieht allerdings auch eine Doppelmoral westlicher Regierungen im Umgang mit Diktaturen. Zum Beispiel sei die deutsche Regierung mit Aserbaidschan weniger penibel und kritisch als mit Weißrussland. Mihr sieht darin ein Problem der moralischen Glaubwürdigkeit für Regierungen.
Dr. George N. Tzogopoulos beschrieb das fehlende Vertrauen der Bevölkerung, sowohl in politische Systeme, als auch in die Medien. Die Bevölkerung nehme die Medien als Teil der politischen Elite wahr. Besonders junge Leute informieren sich zunehmend über soziale Netze und Online-Medien. Das hat eine bedeutende Rolle bei den Wahlen im vergangenen Januar gespielt und verhalf Syriza zum Sieg.
Für Agron Bajrami, Chefredakteur von Koha Ditore, der einflussreichsten Zeitung im Kosovo, hängt der Verfall der Medien mit dem des Systems zusammen. Yevhen Hlibovytsky, Gründer der ukrainischen Kommunikationsplattform pro.mova, betonte, solange Oligarchen in der ukrainischen Medienlandschaft eine Rolle spielten, könnten diese nicht ernsthaft konkurrieren: „Finanzielles Investment in ukrainische Medien macht keinen Sinn, denn man investiert nicht in einen Markt, sondern in ein Glücksspiel.”
Anne McElvoy, leitende Redakteurin beim Economist, beobachtet, dass die Gesellschaft eine gespaltene Meinung zum Journalismus hat, er sei Fluch und Segen zugleich. Sie wandte sich gegen den Begriff „aggressiv" in Nenad Pejics Statement, dass besagte, um Propaganda entgegenwirken zu können, müssen die Fakten aggressiv vorangetrieben werden: „Auch wenn es eine Lüge von Putin war, so möchte ich sie doch hören, um mir meine eigene Meinung zu bilden. In der Hinsicht denke ich, dass eine freie Presse alle Seiten beleuchten muss.” Hinsichtlich des viel diskutierten Wettbewerbs der sozialen Medien meinte sie: „Wenn uns die sozialen Medien in einigen Bereichen schlagen, dann müssen wir Journalisten besser werden in dem, was wir tun.”
Martin Kotthaus gab zu Bedenken, dass investigativer Journalismus teuer sei. Dies sei einer der Gründe, warum Nachrichten zugunsten von Sensationsmache verschwinden. Er erklärte, dass der Druck nach Klickzahlen so groß sei, dass ernsthafte Inhalte nach unten gedrückt werden: „Deshalb bekommt Donald Trump so viel Aufmerksamkeit: weil er einfach eine gute Show macht.”
Er beschrieb, dass einst florierende Medien in Tschechien, aber auch in anderen Baltischen Staaten sich nun in der Krise befänden. Viele Oligarchen versuchen, die wichtigsten Medienhäuser zu beeinflussen. Öffentliche Sender, wie die Deutsche Welle oder die BBC, deren Auftrag es sei, demokratische Bildung zu vermitteln, hätten ihre Budgets auf dem Balkan gekürzt. Kotthaus fragte, wer nun dieses Vakuum fülle: „es sind die Golfstaaten, Russland, die Türkei und China. -- Das ist etwas, worüber Demokratie sich Gedanken machen muss: lokale Journalisten müssen unterstützt werden, die derartigen Problemen ausgesetzt sind.”

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