Nach Session II fand in Kooperation mit Reporter ohne Grenzen ein Special Talk statt, in dem „Bild"-Herausgeber Kai Diekmann den ehemaligen Chefredakteur der türkischen Tageszeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, interviewte. Dündar berichtete über die Situation in seiner Heimat nach dem Putschversuch im Juli, über seine Zeit in Haft und über seine persönliche Situation, seitdem er das Land verlassen hat (seine Frau wird in der Türkei festgehalten).

Es gebe viele Menschen in der Türkei, die unter Erdogans Regime litten und sich mehr Unterstützung von den Europäern erhofft hätten, sagte Dündar. Dennoch sei die Polarisierung unter den Türken in Deutschland sogar größer als in der Türkei, so Dündar.  Erdogan sei der größte Gülenist, sagte Dündar, und auch: „Als Journalist kann man in der Türkei alles schreiben, was man will. Man muss nur bereit sein, den Preis dafür zu bezahlen. Und der Preis ist sehr hoch." Die Cumhuriyet sei eine der letzten unabhängigen Zeitungen in der Türkei, sagte Dündar. Aus Angst vor dem Regime hätten viele Anzeigenkunden die Zusammenarbeit aufgekündigt, die finanzielle Situation sei schwierig. Auch die Verfolgung der Journalisten in Erdogans „Polizeistaat“ mache der Zeitung schwer zu schaffen. „Wir verbringen mehr Zeit im Gericht als in der Redaktion.“ Die Türkei sei das größte Gefängnis für Journalisten der Welt. Und ja, ihm sei klar, dass jedes Wort, das er hier sage, könne das Leben seiner Frau gefährden.

Auch Bundeskanzlerin Merkel verschonte Dündar nicht mit Kritik. Diese habe sich innerhalb kürzester Zeit fünf Mal mit Erdogan getroffen, was dieser für seine Zwecke genutzt habe.  Er wisse nicht, warum sich Merkel in all dieser Zeit nie mit der Opposition getroffen habe. Die türkische Bevölkerung sei verletzt, weil Europa nach dem Putsch keine Solidarität gezeigt habe. Die meisten Türken in der Türkei wären demokratisch gesinnt. Europas Fehler sei, dass es Erdogan mit der Türkei gleichsetze, aber das stimme nicht. Die Türkei brauche Unterstützung, „investiert in sie, helft ihnen und steht ihnen bei, anstatt einer repressiven Regierung. Die Verhandlungen dürfen nicht abgebrochen werden.“

Er selbst versprach, er werde dafür kämpfen, das Land zurück zu Demokratie und Säkularismus zu bringen. Bei der anschließenden Fragerunde schlug Daniel Gerlach vor, unter führenden deutschen Medienhäusern und Konzernen Gelder für ein liberales, in Berlin ansässiges türkisches Medium zu sammeln, um ein breites Angebot an Informationen anzubieten und polarisierender, verschwörungstheoretischer Berichterstattung entgegenzuwirken.
Mittlerweile hat Dündar den Vorschlag aufgegriffen und angekündigt, mit dem gemeinnützige Recherchezentrum Correct!v ein türkischsprachiges Medium aufzubauen.

Hier geht es weiter zu Session III.

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