24, Tschechische Republik

Tereza hat einen Bachelorabschluss in Journalismus und Politikwissenschaften und schreibt gerade ihre Masterarbeit in Politikwissenschaften. Sie arbeitet seit 2008 als Reporterin für die Zeitung MF DNES und als Redakteurin für die online Version. Sie schreibt hauptsächlich über Politik und hat ein besonderes Interesse an der kommunistischen Vergangenheit Tschechiens.

Wie kann man junge Menschen dazu animieren, zu lesen? Diese Frage stellt sich wohl jeder Redakteur einer ernsthaften Zeitung oder eines wöchentlichen Magazins. Heutzutage ist das Problem sogar noch umfassender: Es sind nicht nur die jungen Leser, die sich nicht für den Krieg in Libyen, die Konflikte im Nahen Osten oder Rentenreformen interessieren. Es ist generell unglaublich schwer geworden Leser aller Generationen anzusprechen.

In der Tschechischen Republik gehen viele Menschen nicht wählen. Die Mehrheit davon sind junge Leute. Sie wählen nicht, weil es ihnen egal ist. Sie haben nicht genügend Informationen, sie sind aber auch nicht daran interessiert, mehr zu erfahren. Sie sind angewidert von dem, was sie im Fernsehen sehen und im Radio hören. Zu ihrer Verteidigung: die Show, die die tschechischen Politiker manchmal abziehen, ist teilweise tatsächlich abscheulich. Doch meiner Meinung nach kann die Lösung nicht darin liegen, so zu tun, als existiere Politik nicht.

Doch selbst wenn junge Menschen Interesse an Politik zeigen, ist es schwierig für sie,  Informationsquellen zu finden. Die erste Option ist die Familie. Wenn Eltern Desinteresse an Politik zeigen, ist es sehr wahrscheinlich, dass es ihnen ihre Kinder gleichtun. Die Schule ist in diesem Fall auch nicht sehr hilfreich, da selbst auf höheren Schulen nur sehr wenig über Politik gelehrt wird. Im Geschichtsunterricht wurde auf das Römische Reich und die Pyramiden in Ägypten schon immer mehr eingegangen als auf den Untergang der UdSSR. Informationen über das tschechische Wahlsystem werden den Schülern überhaupt nicht geliefert. Daraus resultiert, dass die Leute nicht wissen was sie tun sollen, wenn sie einen Stimmzettel erhalten. Ich kann mich daran erinnern, wie meine Großmutter sagte: „Ich konnte nicht wählen. Ich habe den Umschlag geöffnet und das Ding war so groß wie meine Tischdecke. Ich wusste wirklich nicht, was ich damit tun sollte."

Manchmal machen es aber auch die Medien den Bürgern ziemlich schwer, Politik zu verstehen. Auch wenn ich zugeben muss, dass das Fernsehnen Nachrichten leichter vermitteln kann als Zeitungen, bleibt das Fernsehen jedoch oft zu oberflächlich. Das meistgesehene Programm in der Tschechischen Republik sind die Abendnachrichten „Televizní Noviny" auf dem Privatsender „TV Nova“. Leider ist das, was für die Menschen am wichtigsten ist, die blonde Moderatorin, deren Privatleben seit Beginn ihrer Karriere die Seiten der Boulevardpresse füllt.

In Zeitungen kann man Themen hingegen wesentlich hintergründiger beschreiben und außerdem kümmern sich die Leser nicht um das Aussehen des Journalisten. Leider investiert man beim Kauf einer Zeitung aber auch mehr Geld, Zeit und Geduld. Und wie soll man einen Teenager dazu bringen, Zeitungen zu kaufen anstatt Eis? Daher denke ich, dass dieses Problem vor allem ein finanzielles ist, sowohl bei Lesern, als auch bei den Nachrichtenmachern.

Man könnte sagen, die Lösung wäre sich im Internet Informationen zu holen. Aber auch die können oberflächlich sein. Es gibt mehrere Studien darüber, wie lang ein Artikel auf einer Website sein sollte, damit er die Leser nicht langweilt. Darüber hinaus gibt es finanzielle Zwänge, da viele nicht bereit sind, für Online-Nachrichten zu bezahlen und die Werbeeinnahmen oft die Kosten der Nachrichtenproduktion nicht decken. Daraus resultiert, dass die Qualität von Online-Nachrichten nicht sonderlich hoch ist. (...)

Man kann auch nicht erwarten, dass ein 17-jähriges Mädchen am gleichen Thema interessiert ist wie ein 45 Jahre alter Mann. Aber für welche Themen interessieren sich eigentlich junge Leute? Ich erinnere mich an einen Journalismusworkshop mit Erik Tabery, dem Chefredakteur der Tschechischen Wochenzeitung „Respekt”. Er beschrieb, dass sie zwar ihre Auflage steigern konnten, aber dennoch bei dem Versuch junge Leute zu erreichen erfolglos blieben. Also fragte er uns: „Welche Story sollte in unserem Magazin erscheinen, um junge Leute anzusprechen?" Wir diskutierten darüber mehr als zwei Stunden, konnten aber nicht wirklich eine Lösung finden. Vielleicht wäre es besser, die Zielgruppe direkt zu befragen und nicht 20 junge Journalismusstudenten, von denen alle sowieso ein großes Interesse für Politik mitbringen. Manchmal funktionieren sogar einfache Ideen. 

Tereza_Reznakova