Kann man Leute erreichen, die nicht erreicht werden wollen?
7. M100 Jugend Medien Workshop erfolgreich beendet

 

Mit der Präsentation der Ergebnisse in festlicher Atmosphäre ging am Abend des 25. August der 7. internationale M100 Nachwuchsjournalisten Workshop zu Ende. Wie jedes Jahr stellten die Teilnehmer des Workshops – in diesem Jahr waren es 23 Nachwuchsjournalisten aus 15 Ländern – ihre im Workshop produzierten Arbeiten – ein Blog und 3 Videos, die in Zusammenarbeit mit der Redaktion der von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten Internetplattform „Du hast die Macht!“ entstanden sind – vor geladenen Gästen vor. In diesem Jahr lautete das Thema „Reach the People! Wie können wir junge Leute zum Lesen bewegen?“

„Sie haben sich vier Tage lang damit beschäftigt, wie man als Journalist politik- und bildungsferne junge Leute erreicht – ein Thema, mit dem sich Medien, Politik und Institutionen schon seit Jahren befassen, aber so weit ich weiß, passiert das nur selten länderübergreifend“, so Dr. Iris-Jana Magdowski, Beigeordnete der Stadt Potsdam für Bildung, Kultur und Sport, in ihrer Begrüßungsrede. „Deshalb ist es umso spannender zu erfahren, was Sie in den vier Tagen herausgefunden, wie Sie sich dem Thema genähert haben, was passiert, wenn nicht Wissenschaftler, sondern junge Leute mit einem derart unterschiedlichen kulturellen Hintergrund und Erfahrungsschatz sich mit diesem Thema beschäftigen. Natürlich können das nur Ansätze sein, für mehr ist die Zeit zu kurz, aber ich hoffe, dass diese Ansätze auch außerhalb dieses Raumes wahrgenommen werden und Ihr Beispiel Aufmerksamkeit erregt.“

Viele Länder, ein Problem
In mehreren Gruppen haben die 23 Teilnehmer, die aus 100 Bewerbungen ausgewählt worden waren, versucht, sich dem schwierigen und komplexen Thema zu nähern. Denn auch für sie ist es in der täglichen Arbeit wichtig zu erfahren und sich bewusst zu machen, wie sie junge, bildungsferne Leute dazu bekommen, ihre journalistischen Arbeiten wahrzunehmen und sich mit der Gesellschaft zu beschäftigen, in der sie leben.

Grundlage für die Auswahl waren auch dieses Jahr die Bewerbungstexte, die in diesem Jahr aus 26 Ländern kamen. Auffallend an ihnen war, dass sie, obwohl sie aus so unterschiedlichen Ländern eingesandt wurden wie Spanien, Großbritannien, Rumänien, Ungarn oder Armenien, das Problem überall dasselbe ist: junge Leute lesen nicht mehr, das Bildungsniveau sinkt.

So schrieb der 20-jährige Roman Melnyk, der in der Ukraine beim Journalistenbüro svidomo.org arbeitet: „Das Problem, die Jugend in meinem Land in das politische Leben einzubeziehen, ist ziemlich dramatisch. Journalismus wäre ein Weg, dieses Problem zu lösen, eine Möglichkeit, eine neue, interaktive Plattform für Entwicklung, Erziehung und politische Aufklärung zu kreieren, er füllt diese Rolle aber nicht aus. Generell liegt das Problem in der armen, noch sehr jungen Zivilgesellschaft der Ukraine, die sich nicht einfach schlagartig in eine große Kraft im Alltag der Menschen entwickeln kann. Bürgerjournalisten erfüllen im Bereich der Aufklärung politisch ferner Jugendlicher eine ebenso wichtige Aufgabe wie professionelle Journalisten, aber ihre Anzahl und der Grad der Erreichung der Zielgruppe (z. B. Jugendliche) ist noch immer schlecht.“

Mila Damjanowska, 20, aus Mazedonien schreibt: „In Mazedonien wird die Problematik, sozial schwache Jugendliche in Informationsprozesse einzubinden, auch durch einen Mangel an Presse- und Medienfreiheit erschwert. Von staatlichen Behörden wird bezüglich des Inhalts und der Interpretation von Nachrichten und politischen Analysen viel Druck ausgeübt. Deshalb ist es Journalisten von bestimmen Medienkonzernen nicht erlaubt, intensive Recherchen anzustellen und unliebsame Fakten zu veröffentlichen. Mit diesem Bewusstsein im Hinterkopf, liefern die Journalisten den jungen Menschen keine realistische Darstellung der politischen Situation im Land, sondern Fehlinformationen.“ (weitere Bewerbungstexte gibt es hier)

 

In Potsdam hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen und sowohl ihr theoretisches, als auch ihr praktisches Wissen zu vertiefen. Die Module, die im neu gebauten Medieninnovationszentrum MIZ in Potsdam-Babelsberg stattfanden, wurden von professionellen und renommierten Fachleuten geleitet.

Die Workshops
Der Montag wurde für eine erste Redaktionssitzung mit Tino Kyre, Projektleiter und Anna Mauersberger, Redaktionsleiterin von „Du hast die Macht!“ genutzt. Die Teilnehmer stellten sich vor, erzählten von ihren Erfahrungen und Erwartungen, es wurden Themen und Projektideen diskutiert und Teams gebildet.

Am Dienstag gab es einen vierstündigen Workshop mit Jens Best, Strategieberater, Lektor and Autor in den Bereichen Digital Change, Social Media and eCommerce. Best gab einen theoretischen Überblick über das Thema, stellte wertvolle Webseiten und gelungene Projekte vor, diskutierte mit den Teilnehmern verschiedene Möglichkeiten, Texte und Websites für junge Menschen attraktiv zu gestalten und auffindbar zu machen und widmete einen Teil auch der Finanzierung und dem Fundraising.

Nach ihm stellte Henrik von Bodenhausen, Senior Content Manager bei MTV Networks Berlin, die Strategien des Senders vor und diskutierte verschiedene Social Media und Pay-Geschäftsmodelle.

Am Mittwoch traf sich die Gruppe in den Räumen des UFA-Lab in Berlin-Kreuzberg, wo auch die Redaktion von „Du hast die Macht!“ beheimatet ist. Nach einer zweistündigen Redaktionssitzung und Diskussion der Themen und Herangehensweisen schwärmten die Teilnehmer allein oder in Teams aus, um aus ihren Ideen Texte oder Videos zu produzieren.

Der Donnerstag wurde genutzt, um aus dem gesammelten Material Texte für den Blog oder Videos zu produzieren. Am Abend fand in der Potsdamer „Manège“ im Beisein von Dr. Iris Jana Magdowski und weiteren Gästen die Präsentation der Ergebnisse statt.

Natürlich konnte auch in den vier intensiven Tagen in Potsdam kein allgemeingültiges Rezept gefunden werden, wie man als Journalist mit Sicherheit alle jungen, politik- und bildungsfernen Menschen erreicht; doch wurden in den vielen Diskussionen zwischen den Teilnehmern mit ihren unterschiedlichen Kulturen und Erfahrungshorizonten viele Ideen geboren, wie man sich der Problematik nähert und sie in die Überlegungen seiner journalistischen Arbeit integriert. Alle Teilnehmer äußerten sich am Ende sehr positiv über den Workshop und lobten vor allem, dass ihnen die Zusammenarbeit viele wertvolle Anregungen und neue Ideen gegeben hat, die sie für ihre zukünftige Arbeit nutzen wollen.
 
Die Blogtexte wurden auf der im Jahr 2005 gemeinsam mit der European Youth Press gelaunchten Website orangelog.eu veröffentlicht, Sie finden sie hier. Die Videos finden Sie im Bereich Ergebnisse. Ebenfalls wurden Texte auf „Du hast die Macht“ veröffentlicht: "Grün ist das neue Cool" von Uta Friedrich und "Born to be Bastards" von Marc Serena. 

Förderer, Sponsoren, Partner
Der M100 Jugend Medien Workshop 2011 wird gefördert von der Stadt Potsdam, dem Auswärtigen Amt, der ZEIT-Stiftung, der Bertelsmann AG und dem Medienboard Berlin-Brandenburg, Kooperationspartner sind die UFA, „Du hast die Macht!“, Intajour - International Academy of Journalism, die European Youth Press und die Deutschen UNESCO-Kommission. Er findet im Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) statt.