Albert, 25, kommt aus Spanien und studiert Journalismus an der Autonomen Universität von Barcelona. Er interessiert sich für Internationalen Journalismus und besonders für die Europäische Union.

Neue Medien – Neues Europa?
Porträt eines Übergangs

An einem kritischen Punkt seiner Geschichte steht Europa an einem Scheideweg: Viele sagen, wir brauchen mehr Europa, gleichzeitig befindet sich der Euroskeptizismus auf einem Höchststand. Die Medien sollten sich einbringen und sorgfältig  mit ihrer Berichterstattung über  die Europäische Union sein. Zwar könnte man in der Politik von einem chaotischen Zustand reden, aber auf einem administrativen Niveau hat Europa dem Durchschnittsbürger viele Vorteile gebracht.

Im krisengebeutelten Spanien, einem Land, das tiefgreifende Reformen in Europa fordert, neigen nationale Medien dazu, den europäischen Entscheidungsprozess als langsam und gelegentlich sogar als schlampig zu bezeichnen. Sie haben das Gefühl, dass wenig gemacht wird, um die aktuellen Schwierigkeiten zu überwinden.
Viele Bürger empfinden Spanien als eine kleine Stimme in einem großen und lauten Chor. Trotzdem verbreiten die spanischen Medien auch vereinzelt anti-europäische Meinungen. Es gibt zwar keine starken EU-skeptischen, nationalistischen Parteien wie beispielsweise in Griechenland oder Großbritannien, dennoch fühlen sich die eigentlich pro-europäischen Spanier immer mehr von den Entscheidungsprozessen der EU isoliert. Laut Eurobarometer ist das positive Bild der EU von 63 Prozent aus dem Jahr 2004 rapide auf 22 Prozent im Jahr 2012 gefallen.

Die Medien sind untrennbar mit ihrer Aufsichtsrolle verbunden und haben auch die Aufgabe, eine kollektive Geschichte unserer Gesellschaft zu kreieren. Euroskeptizismus ist einerseits den ökonomischen Schwierigkeiten geschuldet, andererseits dem Versäumnis, ein wirklich europäisches Gefühl und eine gemeinsame Identität zu kommunizieren. Im Zeitalter der Globalisierung ist die Identität eine Mischung aus unterschiedlichen Empfindungen. Zum einen sind wir Bürger unserer Stadt, zum anderen aber auch Bürger der Welt. Die Medien können dazu beitragen, dieser Identität Aufschwung zu verleihen.

Hinzu kommt, dass das Europäische Parlament für die Spanier ein noch sehr unbekannter Freund ist. Die Richtlinien, die diese Institution setzt, kann das Leben vieler Bürger grundlegend beeinflussen. Viele Menschen kennen zwar ihren gesetzlichen Vertreter in den nationalen Parlamenten, jedoch nicht ihre Pendants im Europäischen Parlament. Die Bürger sollten an wichtige Richtlinien erinnert werden, die der administrative Körpers der EU beinhaltet, wie beispielsweise die gemeinsame Agrarpolitik oder die Richtlinie über Fernsehen ohne Grenzen.

Zudem muss man sich den Grund für die Schaffung der Europäischen Union vor Augen halten. Europa ist heute ein befriedeter Kontinent, aber das war nicht immer so in der Geschichte. Es gab eine Zeit, in der Grenzen das wichtigste waren, und ihre Ausweitung auf Kosten von Blutvergießen der Völker war eine übliche Praxis. Verschiedene Nationen erhoben Anspruch auf ressourcenreiche Regionen wie das Sudetenland oder Elsass-Lothringen.

Erst die Union konnte dieser ganzen Kriegstreiberei ein Ende setzen. Junge Europäer mögen diesen Teil der Geschichte nicht präsent haben, und genau hier können die Medien agieren und eine Schlüsselrolle spielen, um die politische Tragweite eines geeinten Europas zu vermitteln.
Gerade heutzutage ist diese Aufgabe noch wichtiger geworden, denn der Kontinent steht an einem Scheideweg. Der Konsolidierungsprozess ist der Schlüssel, um das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen, aber ironischerweise bringt die Unpopularität der Union bei einigen seiner Bürger auch die kontinentale Integration in Gefahr. Die Medien sollten die Aufgabe übernehmen, die vielen positiven Seiten der Union mit Fairness und einer richtigen Interpretation zu erklären. Das sind die Themen eines kollektiven Erzählens, die die Presse lesenswert macht.

 Albert Guasch Rafael