JOURNALISMUS ZWISCHEN POLITIK, PROPAGANDA UND GEFÄNGNIS IN GEORGIEN

Salome Achba aus Georgien, 25, ist Chefredakteurin des Medienportals mediachecker.ge und recherchiert für die georgische Charta für Ethik im Journalismus.


Die Rolle der Medien im öffentlichen Agenda Setting ist bedeutend und manchmal auch kontrovers. (...) Die Ansicht, dass die Massenmedien verantwortlich dafür sind, welche Themen an der Tagesordnung stehen, ist weit verbreitet. Die Frage ist doch aber, wer ist Autor der Medienagenda? Medienvertreter oder andere Interessengruppen?
Interessengruppen, besonders Politiker, wissen natürlich um die wichtige Rolle der Medien im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung. Auf diesem Weg versuchen sie, die Tagesordnung der Medien zu beeinflussen, da es der beste Weg ist, auf die öffentliche Meinung einzuwirken. Überall, besonders in Ländern wie Georgien, wo die Medien noch Probleme mit professionellem Standards und Meinungsfreiheit haben, ist es verlockend, Journalismus für die Verbreitung von Propaganda zu nutzen.
Eines der beeindruckendsten Beispiele von Medienpropaganda in meinem Land ist der Fall von „Fake Qronika“ („Falsche Nachrichten“) auf IMedi TV. „Qronika” ist das Nachrichtenprogramm eines privaten TV-Senders in Georgien. „Fake Qronika“ wurde im März 2010 das erste Mal ausgestrahlt und thematisierte den Krieg 2008 in Süd-Ossetien. „Russische Truppen sind in der Hauptstadt“ – so startete der Pilot sein Programm. „Die prorussische Opposition unter Anführung von Nino Burdzhanadze und Zurab Nogaideli reiste nach Tskhinval und beschuldigte Saakashvili am Massaker von Kokoity. Nach dem Mord wurden russische Truppen mobilisiert und in Alarmbereitschaft versetzt. Georgische Truppen wurden ebenfalls mobilisiert und nahmen Abwehrstützpunkte rund um Tiflis unter heftigem Artilleriebeschuss ein“, berichtete der Reporter. Laut des Berichts war die georgische Hauptstadt Tiflis durch russische Truppen besetzt und Präsident Saakashvili getötet worden. Dann zeigte die Nachrichtensendung einen Zusammenschnitt aus Archivmaterial. Als Nachspiel der Falschmeldung starben drei Leute, weil sie geglaubt hatten, die Sendung wäre wahr und der Krieg hätte begonnen. Am darauffolgenden Tag wanderten Telefonaufzeichnungen durch die sozialen Medien. In diesen Aufzeichnungen planten Präsident Saakashvili, der Generaldirektor von TV IMedi, der Produzent des Nachrichtenprogramms "Qronika" und andere staatliche Beamte dieses Nachrichtenprogramm, bevor es im Fernsehen zu sehen war.
Im Jahr 2011 wurden drei georgische Fotojournalisten, die für internationale Medien arbeiteten, verhaftet und als russische Spione schuldig befunden. Vor der Verhaftung haben die Fotografen die Zerschlagung der Demonstration vom 26. Mai 2011 fotografiert.
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Ich arbeite als Medienforscherin für die Georgische Charta journalistischer Ethik. Wir untersuchen und beobachten die Presse zum Thema Propaganda in den Medien. Heutzutage versuchen viele politische Gruppen, ihre Agenda in den Medien zu platzieren. Verschiedene Untersuchungen ergaben, dass anti-westliche Propaganda in georgischen Medien immer noch ein großes Problem darstellt. Leider benutzen mehrere georgische Medienhäuser russische Propaganda in ihren Medienprodukten.
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 Salome achba