Wie können neue Medien zu mehr Demokratie beitragen?


8. M100 Jugend Medien Workshop erfolgreich beendet

 

Mit der Präsentation der Ergebnisse in festlicher Atmosphäre ging am Abend des 23. August der 8. internationale M100 Nachwuchsjournalisten Workshop im Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) in Potsdam zu Ende. Wie jedes Jahr stellten die Teilnehmer des Workshops  (in diesem Jahr waren es 20 Nachwuchsjournalisten aus 19 Ländern) ihre während der vier Tage produzierten Arbeiten in den sozialen Medien vor geladenen Gästen vor. In diesem Jahr lautete das Thema „Nach den Web 2.0-Revolutionen: Neue Medien als Instrument für Wandel und mehr Demokratie?”

 

„Hier, in diesen vier Tagen, im direkten Gespräch und in der Arbeit miteinander, lernen die Teilnehmer manchmal mehr voneinander, als durch monatelange theoretische Beschäftigung mit einer anderen Kultur“, so Jann Jakobs, Oberbürgermeister der Stadt Potsdam. „Und genau das ist die Intention, die Idee, die hinter diesem Workshop steckt: Jungen Leuten, die durch ihren Beruf - den Journalismus - entscheidend zur Meinungsbildung beitragen, die Möglichkeit zu geben, über den Tellerrand ihrer Länder und bisherigen Erfahrungen hinauszuschauen und sich mit gleichaltrigen Kollegen auszutauschen.“

 

Die Web 2.0 Revolution
In zwei Gruppen haben sich die 20 Teilnehmer, die aus 130 Kandidaten ausgewählt worden waren, gemeinsam schwierigen Fragen genähert wie: Was bedeutet die Web 2.0 Revolution für Politik, Medien und Gesellschaft? Wie beeinflussen soziale Netzwerke Entwicklungen in Politik, Kultur und Gesellschaft, was können neue Medien als politische Infrastruktur bewirken? Wie kann man sich soziale Netzwerke nachhaltig zunutze machen? Und auch: Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es in den verschiedenen Ländern? Denn eins ist für die jungen Journalisten und Medienmacher bei ihrer Arbeit ganz wichtig: Der globale Blick.

 

Kriterium bei der Auswahl waren auch in diesem Jahr die Bewerbungstexte, die aus 34 Ländern kamen. Der potentiellen Rolle von neuen Medien sehen die Journalisten hoffnungsvoll entgegen. Der 24-jährige Ibrahim Fayad aus Syrien arbeitet zurzeit als Projektmanager bei der Organisation Association de Soutien aux Médias Libres in Paris. Er engagiert sich zudem im größten syrischen revolutionären Nachrichtennetzwerk Shams News Network: „Mittlerweile haben wir Hunderttausende Videos hochgeladen, bald wird es Millionen von Videos zur syrischen Revolution geben. Shams News Network etwa hat mehr als hunderttausend Videos auf seinem Kanal. YouTube ist das Fenster der Welt zu Syrien. Alle größeren Nachrichtenkanäle nutzen YouTube in ihren Programmen. Monatelang war es keinem einzigen Journalisten erlaubt, das Land zu betreten. Die Nachrichtensender brauchten Sendematerial, das ihnen kostenlos von YouTube geliefert wurde. Das YouTube- Filmmaterial verbesserte sich stetig. Die Aktivisten erhielten Kameras mit einer besseren Zoom-Kapazität, die bessere Videos ermöglichten. Bis heute ist YouTube die Hauptquelle für Videos internationaler Medien.“

Dennoch sind die jungen Teilnehmer sich durchaus der Gefahren neuer Medien bewusst.

So kritisiert die 24-jährige Wiem Melki, die bei der ersten englischsprachigen tunesischen Nachrichtenwebsite Tunisia Live arbeitet: „Soziale Medien haben auch ein anderes Gesicht – das der Gerüchte. Mittlerweile ist es kinderleicht geworden, Gerüchte wie Feuer zu verbreiten. Bürger werden mit sich widersprechenden Wahrheiten konfrontiert. Jeder kann alles veröffentlichen. Darunter hat jedoch die Qualität des veröffentlichten Materials gelitten. Zwar können die Netzwerke das öffentliche Leben anregen und zivilgesellschaftlichen Engagement fördern. Doch gleichzeitig können sie Gerüchte, Panik und „Massenidiotisierung“ verstärken.“

(weitere Bewerbungstexte gibt es hier).

 

In Potsdam hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen, sich zu vernetzen und auch aktiv eine Medienkampagne zu gestalten. Für die im neu gebauten Medieninnovationszentrum MIZ in Potsdam-Babelsberg stattfindenden Module konnten renommierte Experten aus der Praxis gewonnen werden.

 

Die Workshops
Der Montagvormittag (20.8.) begann mit Jaafar Abdul Karim, Journalist und Moderator der Sendung „Shabab Talk“ bei Deutsche Welle-TV. Nach einer auflockernden Kennenlernrunde gab es eine Live-Skype-Übertragung mit der ägyptischen Journalistin Rebecca Chaio, die sich bei dem zivilgesellschaftlichen Projekt „Harassmap“ engagiert, das gegen sexuelle Belästigung in Ägypten vorgeht. Hier können Opfer von Übergriffen über Vorfälle berichten, sie auf einer Karte verorten und typisieren. Durch seine eigenen Erfahrungen konnte der 30-jährige Abdul Karim den Teilnehmern wertvollen Input mit auf den Weg geben: Während der Kämpfe in Libyen und der Revolutionen in Tunesien und Ägypten berichtete er live vor Ort für die Deutsche Welle. Hier gibt es ein Interview mit Jaafar, das im Rahmen des Workshops aufgenommen wurde.

 

Den Nachmittag leitete Moran Barkai, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Soziale Medien beim European Journalism Centre in Maastricht und Autorin des aktuell erschienenen Buches über die Rolle sozialer Medien in pro-demokratischen Bewegungen „Revolution: Share! The Role of Social Media in Pro-Democratic Movements“. Als Wissenschaftlerin brachte sie die Teilnehmer auf den neuesten Stand der Forschung und stellte in einer umfassenden Präsentation die wichtigsten Medientheoretiker und deren Thesen vor. Dabei deckte sie eine Bandbreite ab, die von Russland über China bis hin zum arabischen Raum und Europa reichte. Hier gibt es ein Interview mit Moran, das ebenfalls im Rahmen des Workshops aufgenommen wurde.

 

Der Dienstag begann mit einer Führung durch die Deutsche Welle in Berlin. Danach wurde mit drei Teilnehmern des Workshops die von Jaafar Abdul-Karim geleitete Sendung „Shabab Talk“ aufgezeichnet, bei der jede Woche deutsche und arabische Gäste miteinander diskutieren. Hier geht's zur Sendung.

 

Am Nachmittag lud das Auswärtige Amt zu einer Führung, im Anschluss diskutierte Botschafter Dr. Heinrich Kreft, Sonderbeauftragten für den Dialog zwischen den Kulturen,  mit den Teilnehmern. Einen Bericht über die Diskussion finden Sie hier.

 

Am Mittwoch fanden zwei parallele Module statt. Dr. Asiem El Difraoui, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, griff das Thema „Wasser“ auf, um interaktiv mit den Teilnehmern eine crossmediale Medienkampagne zu lancieren. Am Beispiel „Wasser“ konnten die jungen Nachwuchsjournalisten generelle Schlüsse über das Web 2.0 als politische Infrastruktur ziehen. In weniger als zwei Tagen entwickelten die Teilnehmer die crossmediale Kampagne "Not just Drops - Water for all", produzierten ein Video, einen Blog mit Artikeln, erstellten eine Google Karte und twitterten. Ziel war es, auf den verschiedenen, miteinander vernetzten Kanälen auf Probleme im Bereich Wasser aufmerksam zu machen - wie Wasserknappheit oder Wasserverschmutzung - und gleichzeitig zu lernen, wie eine Internet-Kampagne funktioniert.

 

Gleichzeitig fand das Modul von EMAJ statt, einem interkulturellen Magazin, das von einem Netzwerk aus jungen Journalisten aus dem Mittleren Osten, Nordafrika (MENA) und der EU produziert wird. Unter der Anleitung von Sophia Pfisterer, zurzeit freiberufliche Redakteurin bei ZEIT ONLINE und Chefredakteurin des EMAJ Magazins, und Letizia Gambini, Kommunikationskoordinatorin für das European Youth Forum und Mitglied der European Youth Press, konnten vier Teilnehmer interkulturellen Journalismus betreiben. Ein gemischtes Team mit jeweils zwei Personen aus der MENA Region und Europa erarbeiteten multimediale Nachrichten (Artikel, Podcasts, Videos) zum Thema „Ost oder West – daheim ist am besten“ und „Berlin – frei und tolerant?“ (siehe auch hier).

 

Der Donnerstag wurde genutzt, um aus dem gesammelten Material die Präsentation der Ergebnisse fertigzustellen. Am Abend fand im Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) im Beisein des Oberbürgermeisters Jann Jakobs und weiteren Gästen die Präsentation der Ergebnisse statt.

 

Die vier gemeinsamen, inhaltlich reich gefüllten Tage in Potsdam waren in jeglicher Hinsicht eine Bereicherung. Die jungen Nachwuchsjournalisten setzten sich in Theorie und Praxis mit den Möglichkeiten der sozialen Medien als Instrumente für einen positiven Wandel auseinander. Gleichzeitig knüpften sie wertvolle Kontakte, die persönlich und beruflich gewinnbringend sein werden.

 

Medienberichterstattung 

Auch in den Medien stieß der M100 Jugend Medien Workshop auf großes Interesse – so wurde darüber etwa am 20.8. bei der ARD Tagesschau um 12 Uhr, im ARD Nachtmagazin, in DeutschlandradioKultur, in Potsdam TV, Inforadio, Potsdamer Neueste Nachrichten, EMAJ Magazine und Young Germany berichtet.

 

Die Diskussionen zwischen den Teilnehmern aus den verschiedensten Ländern wie Irak, Jemen, Ukraine, Syrien, aber auch Deutschland zeigten eins ganz deutlich: Die jungen Journalisten sind hochmotiviert, durch ihre Arbeit einen wertvollen Beitrag zum positiven Wandel in ihren jeweiligen Ländern beizutragen. Die Erkenntnis, mit diesem Engagement nicht alleine dazustehen, sondern sich in einem internationalen Netzwerk zu befinden, wird sicherlich einen positiven Einfluss auf ihre weitere Arbeit haben.

 

Förderer, Sponsoren, Partner
Der M100 Jugend Medien Workshop 2012 dankt seinen Förderern, Sponsoren und Partnern. Der M100 Jugend Medien Workshop ist eine Initiative der Stadt Potsdam und des Vereins Potsdam Media International e.V. Er wird gefördert vom Auswärtigen Amt, dem Medienboard Berlin-Brandenburg und der ZEIT-Stiftung und findet in Kooperation mit dem Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ), der Deutschen Welle, der European Youth Press und Intajour - International Academy of Journalism statt.


 

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Video mit Statements der Teilnehmer des M100 Jugend Medien Workshops 2012

 

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Ergebnis des M100 Jugend Medien Workshops 2012: crossmediale Kampagne "Not just Drops – Water for all"