Donnerstag, 14. September 2017
Orangerie Sanssouci, Potsdam
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Twitter: @M100Colloquium, #M100SC
Ab 09.00 REGISTRIERUNG
Tagesmoderation: Dr. Leonard Novy (Institut
für Medien- und Kommunikationsiwssenschaft,
Deutschland)
09.30 – 09.45 BEGRÜSSUNG UND PRÄSENTATION DER
M100 YOUNG EUROPEAN JOURNALISTS
09.45 – 10.00 OPENING SPEECH
Can Dündar, Chefredakteur "Özgürüz",
Deutschland/Türkei
10.00 – 11.30 SESSION I
DAWNING OF A NEW AGE
Moderation: Astrid Frohloff (ARD,
Deutschland)
Input: Prof. Dr. Andreas Rödder (Johannes
Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland)
Knapp drei Jahrzehnte nach Ende des Konflikts
zwischen kapitalistischen und
staatssozialistischen Systemen zeichnet sich
global eine neue Spaltung ab – zwischen
funktionierenden parlamentarischen
Demokratien und autoritären Regierungen. So
haben die letzten zehn Krisenjahre statt eines
engen, friedvollen Zusammenhalts zwischen
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
nationalistischen Bewegungen Konjunktur
verschafft und wachsende Desintegration
hervorgerufen. Europa ist geschwächt, und
sieht sich gleichzeitig mit neuen Realitäten
konfrontiert, die ein gemeinsames Vorgehen,
insbesondere in Fragen der Außen- und
Sicherheitspolitik, umso wichtiger erscheinen
lassen. So stehen mit der BREXIT-
Entscheidung Großbritanniens und der
Präsidentschaft Donald Trumps plötzlich über
Jahrzehnte bewährte Strukturen und
Gewissheiten in Frage. Und dies zu einer Zeit in
Frage, da die Beziehungen zu Russland und
Türkei auf einem Tiefpunkt angekommen sind.
Vor diesem Hintergrund erörtert die
Auftaktsession des M100-Colloquiums
politische Visionen und konkrete Strategien in
einer internationalen Ordnung unter neuen
Vorzeichen. Untrennbar damit verbunden sind
die Frage nach der Zukunft der
transatlantischen Beziehungen sowie die
Perspektiven der EU, für die die Verteidigung
der liberalen Demokratie, nach innen wie nach
außen, plötzlich zur Kernaufgabe wird.
Der Wahlerfolg Emanuel Macrons markierte für
einige Beobachter/innen die Chance, zu
reformieren und zu neuer Stärke zu verhelfen.
Der Historiker Prof. Dr. Andreas Rödder
hingegen warnt vor der Wiederkehr einer
integrationspolitischen Lebenslüge: „Die
moralische Aufladung der ‚ever closer union’
hat die große Idee der Europäischen Union zu
einer Ideologie übersteigert. Damit bringt sie
sich um die Bereitschaft zur Selbstkritik und
die Fähigkeit zur Korrektur – und gefährdet
ihre einmaligen historischen Leistungen. Was
Europa braucht, ist eine kluge Mischung aus
Realismus und Ideen – eine flexible Union ihrer
so unterschiedlichen Mitgliedsstaaten.“
Was bleibt vom Projekt des „Westens“? Wie
lässt sich den zunehmenden Fliehkräften
innerhalb Europas begegnen? Führt die Politik
Donald Trumps am Ende zu einer Stärkung der
EU? Welcher Schritte bedarf es, um EU zu
reformieren und die wirtschafts- und
finanzpolitischen Konfliktlinien zwischen den
Nord- und Südländern zu überwinden?
11:30 – 12:30 Lunch
12:30 – 14:00 Session II
FAILING DEMOCRACY?
Moderation: Christoph Lanz
Input I: Jason Brennan (Professor
für Strategie, Wirtschaft, Ethik und
Staatswissenschaft, McDonough School of
Business at Georgetown University, USA)
Input II: Viktor Jerofejew (Schriftsteller,
Russland)
In historischer Perspektive gelten liberale
Demokratien zu Recht als außerordentlich
stabil. Doch basierten Akzeptanz und
Zustimmung zur Demokratie stets auch
darauf, dass sie kontinuierlich wachsenden
Wohlstand und Stabilität garantierte. Heute
fühlen sich viele Menschen von der
Wohlstandsentwicklung abgekoppelt, die
Ungleichheit steigt, und bei weitem nicht alle
Menschen profitieren in gleichem Maße von
der Globalisierung. Folglich erodiert die
Zustimmung zur Demokratie, je mehr die
Bürger an der demokratischen Qualität
politischer Entscheidungsprozesse und an
ihren konkreten Ergebnissen zweifeln. Der
Harvard-Politologe Yascha Mounk warnt: „Der
Anteil der Bürger, denen es wichtig ist, in
einer Demokratie zu leben, nimmt ab – in
Deutschland, in den USA und in vielen
anderen Ländern. Der Anteil der Bürger, die
für Alternativen zur Demokratie offen sind,
nimmt dagegen zu. Wenn man das
zusammennimmt, erkennt man, dass es eine
globale Krise der liberalen Demokratie gibt.
Unser System kämpft ums Überleben.“
Hier wird deutlich: Nicht Desinteresse im
Sinne von „Politikverdrossenheit“, sondern
die populistische Distanz zur Demokratie ist
die Bedrohung. „Die Staaten des Westens
haben die Kontrolle verloren“, analysiert die
Journalistin Ursula Weidenfeld. „Sie, die einst
Mächtigen, stehen ratlos vor der zerfallenden
Weltordnung, die sie selbst geschaffen
haben“. Digitalisierung und Globalisierung
„zerrütten das demokratische Fundament der
westlichen Welt, sprengen ihre Ordnung und
lassen die Staaten wie die Einzelnen mit ihren
Ohnmachtserfahrungen zurück.“ Davon
betroffen sind die etablierten Parteien, die
Medien und – als Kollateralschaden – das,
was bislang die Grundlage politischer
Debatten auszumachen schien: Die Annahme,
dass jeder Mensch zwar das Recht auf seine
„eigene“ Meinung, aber nicht „auf seine
eigenen Fakten“ habe, wie es der ehemalige
US-Senator Patrick Moynihan formulierte. Mit
der Digitalisierung und dem Aufkommen von
„Fake News“ und neuen Formen der
Manipulation haben diese Entwicklungen einen
mächtigen Katalysator gefunden.
Wie krisenfest sind liberale Demokratien?
Haben die Populisten den Zenit ihres Erfolges
erreicht? Was muss sich ändern, damit
enttäuschte Bürger für die Demokratie
zurückgewonnen werden können?
14:00 – 14:30 Coffee Break
14:30 – 16:00 Session III
THE NEW(S) MEDIA
Moderation: Ali Aslan (TV-Journalist,
Moderator, Deutschland)
Input I: Mathias Müller von Blumencron
(Chefredakteur Digitale Medien, FAZ,
Deutschland)
Input II: Áine Kerr (Head of global journalism
partnerships, Facebook, USA)
„Mit der Skandalisierung der Politik,
Diffamierung des Konkurrenten und Spaltung
der Wählerschaft müssen sich nicht nur die
klassischen Parteien auseinandersetzen,
sondern auch die Medien, ohne die diese
Strategie nicht funktionieren würde“, schreibt
der deutsche Medienwissenschaftler Dietrich
Leder. Für die Medien gelte deshalb die Lehre
aus der US-Wahl, „dass es nicht hinreicht,
dieses Geflecht aus Lügen, Unterstellungen und
Denunziationen mit den Mitteln der Rationalität
zu zerschneiden, sondern dass es zugleich der
Analyse der Verhältnisse bedarf, in denen eine
solche Strategie aufgeht.” Doch mit der
Analyse tun sich die Betroffenen schwer,
sowohl die traditionellen, als auch die sozialen
Medien. Digitalisierung und die wachsende
Bedeutung der sozialen Netzwerke werfen nicht
nur vielfältige Probleme auf, sondern scheinen
auch alle zu überfordern. Ein Merkmal der
aktuellen Situation ist die Gleichzeitigkeit von
Transparenz und Verwirrung, von riesigen
Mengen von Fakten und Propaganda. Wir
erleben eine Krise öffentlicher Kommunikation,
die nicht aus mangelnder Information
resultiert, sondern aus dem „kommunikativen
Überfluss “ (John Keane), der Wahrheit und
Täuschung verschwimmen lässt. So waren
auch die US-Wahlen von maximaler
Transparenz geprägt und der Journalismus in
vielerlei Hinsicht besser denn je. In Summe
standen Nutzern noch nie so viele Quellen zur
Verfügung, um sich ein detailliertes Bild zu
machen, praktisch in Echtzeit und häufig
umsonst. Trotzdem erleben wir eine Art
„Systemversagen“. Denn die Produkte
klassischen journalistischen Handwerkszeugs,
all die Recherchen, all das Fact Checking
blieben wirkungslos. Die US-Journalistin Susan
B. Glasser fasste dies so zusammen: „Wir
haben viel mehr Transparenz im heutigen
Washington erreicht – ohne dass es
irgendwelche Folgen hätte.“ Insofern bedingen
sich die Konjunktur von „Fake News“ und die
Krise des Journalismus auf beiden Seiten des
Atlantiks wechselseitig. Gleichzeitig ist die
Presse- und Meinungsfreiheit bedroht wie seit
Jahren und Jahrzehnten nicht. Dies gilt für
autokratisch geführte Länder wie Russland und
die Türkei, aber auch für etablierte
Demokratien, in denen unabhängige Medien
und Journalisten immer stärker eingeschränkt
werden. Wohin also entwickeln sich unsere
Öffentlichkeiten? Und wie kann der
Journalismus angesichts sich rasant
verändernder politischer, gesellschaftlicher und
technischer Rahmenbedingungen der Vielfalt
der an ihn gerichteten Erwartungen gerecht
werden?
16:00 – 16:30 SPECIAL TALK
16:30 – 18:00 BREAK
18.00 – 19.30 M100 MEDIA AWARD
Orangerie Schloss Sanssouci
18.00 – 18.05 WELCOME
18.05 – 18.30 POLITISCHE HAUPTREDE
18.30 – 18.45 LAUDATIO
18.45 – 19.00 ACCEPTANCE SPEECH
19.00 – 21.00 EMPFANG